football3 in der Wohnunterkunft Neuenfelder Fährdeich

Bei unserer Ankunft bei der Flüchtlingsunterkunft am Neuenfelder Fährdeich empfangen uns einige Jugendliche auf dem Parkplatz vor der Einrichtung, welcher auch als Sportplatz genutzt wird. Etwa zehn Jungs – keine Mädchen – dreschen auf dem Platz den Ball hin und her. Sie begegnen uns demonstrativ gelangweilt. „Wer ist das?“ ruft uns Mohammed zu und deutet auf Leroy, meinen Kollegen, mit dem zusammen ich das Sportangebot für die Kinder in der Unterkunft anbieten möchte. Durch das football3-Turnier, welches NestWerk e.V. hier vor einigen Wochen veranstaltet hat, kennen die Jungs mich, Leroy ist neu. „Hallo, das ist Leroy, mein Kollege. Wir möchten mit euch Fußball spielen – habt ihr Lust?“. Die Kids bemühen sich, sich ihre Freude nicht anmerken zu lassen. Eine herzliche Begrüßung bekommt man hier - bei diesen Jungs - nicht einfach geschenkt. Jugendliche Coolness, die Tristesse des Lebens in der Unterkunft und sicher die Fluchterfahrung, die hier alle haben, merkt man ihnen an. Die abweisende Art ist ein Schutzschild, das nicht leichtfertig gesenkt wird.

 

Die Wohnunterkunft Neuenfelder Fährdeich liegt zwischen Apfelplantagen und der Sietas-Werft. Auf dem Weg von Airbus ins Alte Land, eingegrenzt vom Deich auf der einen Seite und der Elbe auf der anderen. Oder aus der Sicht eines Heranwachsenden: Mitten im Nichts. Die Metropole Hamburg mit all ihren Versprechungen liegt auf der anderen Elbseite, könnte aber nicht weiter weg sein. Hier fährt ab und zu der Bus 150 nach Finkenwerder. Wir sind hierhergekommen, um die Langweile der Kids zu durchbrechen - um ein paar Stunden Spaß mit ihnen zu haben. Auf der Basis des football3-Ansatzes bieten wir ein Fußballturnier an, an dem alle teilnehmen können. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder Fähigkeiten. Voraussetzung ist ein fairer Umgang miteinander und der Respekt voreinander.

 

Nach der unterkühlten Begrüßung ist das Eis schnell gebrochen, sobald wir unsere mitgebrachten Tore aufgebaut und unser Anliegen vorgestellt haben. Es kommen noch mehr Kinder aus den Wohnungen, um mitzuspielen. Rasch bilden die Jugendlichen drei Teams und wir können ein kleines Turnier spielen. Wir sind überrascht, wie fair und gut gespielt wird. Leroy, der sich einem Team zur Verstärkung angeschlossen hat, ist erstaunt von dem hohen spielerischen Niveau. Das ist kein Anfängerfußball – die Jungs sind richtig gut. Nach einem Schubser vor dem Tor ist die brüchige Idylle dann dahin. Es wird zurückgeschubst, dann Beleidigungen ausgetauscht und schließlich macht sich die ganze Truppe auf, um die Sache mit den Fäusten auszutragen. Wir müssen intervenieren, ermahnen und vermitteln. Schließlich schaffen es alle, sich noch einmal zusammenzuraffen und das Finale auszutragen.

 

Nach dem Turnier sprechen wir noch einmal mit den erschöpften Spielern. Wir würden gerne wöchentlich kommen und mit ihnen Fußball spielen - unter der Bedingung, dass Probleme mit Worten gelöst werden und Beleidigungen ausbleiben. Die Jungs versichern uns, dass sie das hinkriegen und dass sie den Mädchen mitteilen, dass wir uns auf ihre Teilnahme in der nächsten Woche freuen: unsere letzte Bedingung.